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Streichung der Verlustverrechnungsbeschränkungen für Termingeschäfte und Forderungsausfälle im JStG 2024 geplant

October 15, 2024

Die Verlustverrechnungsbeschränkungen für Termingeschäfte (Beschränkung auf Verrechnung mit entsprechenden Termingeschäftsgewinnen und Begrenzung auf 20.000 EUR) sowie für Forderungsausfälle und den Verfall von Kapitalanlagen (Begrenzung auf 20.000 EUR) sollen durch einen Änderungsantrag im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) durch Streichung der entsprechenden § 20 Abs. 6 Sätze 5 und 6 EStG rückgängig gemacht werden. Ein erster Versuch, die entsprechenden Regelungen im Rahmen des Wachstumschancengesetzes zu streichen, war im vergangenen Jahr auf der Zielgeraden des Gesetzgebungsverfahrens gescheitert, nachdem diese Änderungen (neben weitergehenden anlegerfreundlichen Regelungen zur Besteuerung von Kapitaleinkünften) noch im Referentenentwurf vorgesehen waren.

Auswirkungen auf Anleger

Der Wegfall der Verlustverrechnungsbeschränkungen ist für Anlegerinnen und Anleger vorteilhaft und ermöglicht die volle Verrechenbarkeit von entsprechenden Verlusten aus Termingeschäften (z.B. aus Optionen, CFDs, Swaps etc.) und dem Ausfall von Forderungen bzw. dem wertlosen Verfall von Kapitalanlagen (Knock-Out-Produkte, Insolvenz, wertlose Ausbuchung aus dem Depot etc.) Diese Verluste können zukünftig wieder - wie vor Einführung der Regelungen ab 2020 - direkt im Rahmen der Abgeltungsteuer verrechnet werden. Eine Beschränkung, auch der Höhe nach, besteht nicht mehr und die Verluste müssen nicht mehr über die Steuererklärung geltend gemacht werden.

Zudem soll die Abschaffung der Regelung rückwirkend für alle offenen Fälle gelten. Das bedeutet, dass alle Steuerveranlagungen, die noch nicht der Festsetzungsverjährung (in der Regel vier Jahre, sofern nicht bereits aktiv durch den Anleger offen gehalten) unterliegen, geändert werden können. Durch den Vortrag der noch nicht verrechneten Verluste durch die Finanzverwaltung sollen auch Verluste, die in bereits festsetzungsverjährten Steuererklärungen geltend gemacht wurden, in noch offene (jüngere) Veranlagungen vorgetragen werden können und damit den Anlegern nicht verloren gehen.

Auswirkungen auf Banken und Broker

Auch wenn Banken und Broker auf den ersten Blick „nur“ die alten Regelungen wiederherstellen müssen, wird dies mit einem höheren Aufwand verbunden sein. Das alleinige Zurücksetzen der Steuersoftware auf den Stand von 2019 wird nicht möglich sein, da sich seither auch viele andere Regelungen der Abgeltungsteuer geändert haben. Die bisherigen Regelungen zur Verlustverrechnung müssen daher an diese zwischenzeitlichen Änderungen angepasst werden.

Die unmittelbaren Änderungen betreffen die Steuermatrix bei den Banken, die den Gewinnen und Verlusten aus bestimmten Geschäftsarten und Produkten bestimmte steuerliche Wirkungen zuordnet. In diesem Fall müssen Verluste, die bisher aus der Verlusttopfermittlung herausgenommen wurden, wieder in den Verlusttopf aufgenommen und aus den gesonderten Verlustermittlungen für Termingeschäfte und Forderungsausfälle herausgenommen werden.

Gleichzeitig wird es zu Folgeänderungen bei Dokumenten wie der Jahressteuerbescheinigung und den von vielen Banken zusätzlich erstellten Erträgnisaufstellungen kommen.

Eine Umsetzung für den Kapitalertragsteuerabzug zum 1. Januar 2025 ist - auch aufgrund paralleler Änderungen u.a. bei der Besteuerung von Kursgewinnen und der Besteuerung von Optionsgeschäften, jeweils mit Wirkung zum 1. Januar 2025 - nicht realistisch. Daher soll Banken für den Kapitalertragsteuerabzug eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 31. Dezember 2025 gewährt werden, d.h. die Regelung wäre zwingend erst ab 2026 umzusetzen. Sollte dies der Fall sein, stellt sich für Banken und Broker die Frage, ob diese in vollem Umfang genutzt werden soll oder ob im Laufe des Jahres 2025 eine unterjährige Korrektur der bis dahin getätigten Geschäfte bereits mit Wirkung für das Steuerjahr 2025 vorgenommen werden soll.

Erschwert wird die Umsetzung vor allem dadurch, dass mit der Implementierung des Meldeverfahrens MiKaDiv im Rahmen des Abzugsteuerentlastungsgesetzes eines der größten steuerlichen IT-Projekte seit der Investmentsteuerreform parallel umgesetzt werden muss.

Der Blick voraus

Die Aufhebung der Verlustverrechnungsbeschränkung ist uneingeschränkt zu begrüßen. Anleger sollten ihre Steuerveranlagungen weiterhin offen halten und die Verlustverrechnung in der ältesten noch änderbaren Steuerveranlagung beantragen.

Banken und Broker sollten bereits jetzt Konzepte für die Rückabwicklung der erst 2020 eingeführten Regelungen erarbeiten und dabei insbesondere die knappen Ressourcen auf steuerlicher und technischer Seite einplanen.

Gerne stehe ich sowohl Anlegern bei der Beantragung der Verlustverrechnung im Rahmen der Steuererklärung als auch Banken bei Umsetzungsprojekten unterstützend zur Verfügung.

Abschließend stellt sich noch die Frage, warum die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien nicht gleich mit abgeschafft wird. Die Begründung, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkungen bei Verlusten aus Termingeschäften und aus dem Verfall von Kapitalanlagen bestehen, dürfte erst recht für die Aktienverluste gelten, die dem Bundesverfassungsgericht bereits vom Bundesfinanzhof zur Prüfung vorgelegt wurden (Vorlagebeschluss des BFH vom 17. November 2020, VIII R 11/18, beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 2 BvL 3/21).

Foto von Ricardo Gomez Angel auf Unsplash